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Bürgernahe Einkommensteuer: Statement der Deutschen Steuergewerkschaft

Am 12.07.2024 stellte die vom Bundesministerium der Finanzen eingesetzte Expertenkommission “Bürgernahe Einkommensteuer” ihren Abschlussbericht vor. Ziel war es, das deutsche Steuersystem für Bürgerinnen und Bürger zu vereinfachen und nachhaltig zu verbessern. DSTG-Bundesvorsitzender Florian Köbler brachte hierbei die Perspektive der Steuerverwaltung ein. 

Einschätzung von Florian Köbler zum Abschlussbericht der Expertenkommission “Bürgernahe Einkommensteuer”

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Entlastung von Steuerzahlern und Verwaltung: Entbürokratisierung durch Digitalisierung 

Auch wenn die Empfehlungen des Abschlussberichts die Mindestkompromisse von dreizehn unterschiedlichen Interessensvertretern darstellen, sind sich in einem wichtigen Punkt alle einig: Um alle Beteiligten des steuerlichen Ökosystems bestmöglich zu entlasten, muss die Digitalisierung dringend vorangetrieben werden. “Für Deutschland ist es höchste Eisenbahn, wir hinken im europäischen Vergleich deutlich hinterher. Es braucht dringend eine Digital First Strategie, um das enorme Potential und die Vorteile einer Digitalisierung umfänglich zu nutzen”, so Köbler. 

Einfach statt dreifach: Weniger Bürokratie für alle dank Once-Only-Prinzip

Der Abschlussbericht fordert daher die Einführung einer digitalen Identität und des Once-Only-Prinzips. Damit könnten sich Bürger in jeder Behörde sicher ausweisen und ihre einmal hochgeladenen Daten einfach für weitere Ämter und Stellen freigeben. Hierfür müssen die verschiedenen Behörden jedoch künftig besser digital vernetzt werden.

Köbler ist sich sicher: Wird das Once-Only-Prinzip sinnvoll umgesetzt, stellt es eine erhebliche Zeit- und Kostenersparnis für Bürgerinnen und Bürger, aber auch die Verwaltung dar. “Das Once-Only-Prinzip ist eine nachhaltige Bürokratieentlastung. Insbesondere die 12 Mio. Familien in Deutschland werden unterstützt, da sie die gleichen Daten und Nachweise nicht mehr an mehrere Behörden senden müssen”, so Köbler. “Und auch die Verwaltung muss den benötigten Nachweisen nicht mehr doppelt hinterherlaufen.”

Entlastung von Arbeitnehmern: Die 5-Minuten-Steuererklärung dank vollautomatisierter Veranlagung

Durch den gewährten Zugriff auf die erforderlichen Daten wäre nun auch eine vollautomatisierte Veranlagung von Arbeitnehmern möglich. Auch sie ist eine klare Empfehlung der Kommission an den Bundesfinanzminister. Denn laut DESI-Index rangiert Deutschland im europäischen Vergleich bezüglich vorausgefüllter Formulare aktuell auf den hinteren Rängen. Dabei gibt es eine automatisierte Steuererklärung bereits in vielen europäischen Ländern, mit großem Erfolg und hoher Akzeptanz. “Als größte Volkswirtschaft der EU müssen wir hier dringend aufholen”, so Köbler.

Innerhalb der Expertenkommission machte sich Köbler stark für eine erklärungslose Amtsveranlagung nach österreichischem Vorbild. Sie entlastet nachweislich Arbeitnehmer und Behörden: Ganze 80 % der Personen sind vollauf zufrieden mit den Vorschlägen der vollautomatischen Steuererklärung im Nachbarland. Sie wird ohne Zutun eines Finanzbeamten erstellt und der Arbeitnehmer prüft lediglich die Daten. Binnen einer Frist können Ergänzungen vorgenommen werden. Erfolgt dies nicht, führt das Finanzamt vollkommen automatisch eine Amtsveranlagung durch. Das spart viel Zeit auf beiden Seiten. “Die Steuererklärung wird vollautomatisch erstellt und der Arbeitnehmer prüft lediglich die Daten. Das spart Zeit auf beiden Seiten. Ein weiterer Vorteil: Die Besteuerung wird sozial gerechter, denn wer bislang keine Erklärung abgibt – und das sind momentan 20 Millionen -, überzahlt häufig.” 

Entlastung für Rentner: Ruhestand genießen ohne lästige Steuererklärung dank Quellensteuerabzug

Immer mehr Rentner müssen eine Steuererklärung abgeben, da sie den Steuerfreibetrag überschreiten. Durch einen Quellenabzug auf Renteneinkünfte können Rentner von dieser Pflicht befreit werden und zugleich finanziell profitieren, während die Finanzämter entlastet würden.

Die Kommission folgt auch hier den Forderungen der DSTG. “Das Erstellen der jährlichen Steuererklärung ist für Rentner besonders lästig, zumal immer mehr Personen betroffen sind. Durch Einführung einer Rentenabzugsteuer auf alle Renteneinkünfte würden sie von dieser Pflicht befreien. Die Steuer wird automatisch monatlich von den Rentenversicherungen einbehalten. Das spart Zeit und man bleibt von ärgerlichen Nachzahlungen verschont”, so Köbler. 

Die Achillesferse der Digitalisierung: Fehlende Gesamtstrategie der Finanzverwaltung

Damit die dringend benötigte Digitalisierung neuen Schub gewinnt, fordert die DSTG schon lange ein Umdenken im oftmals ineffizient agierenden KONSENS-Verfahren: Die steuerliche IT der Finanzverwaltung hinkt seit Jahren dem Markt hinterher und der Abstand vergrößert sich jährlich. Auch die Kommission empfiehlt einen Neustart mit einer transparenten Gesamtstrategie der Finanzverwaltung, die alle relevanten Stakeholder des steuerlichen Ökosystems einbezieht.

Es braucht endlich eine verbindliche Roadmap und klare Prozessstrukturen, um das Mammut-Projekt effektiv zu steuern. Nur mit einheitlichen Vorgaben können die zahlreichen Verfahren der Länder zielführend abgestimmt und effizient umgesetzt werden”, so Köbler.

Nur ein erster wichtiger Schritt zu einem bürgernahen und praxistauglichen Steuersystem

Der Vorschlag zur bürgernahen Einkommensteuer ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung – ein Mindestkompromiss”, so Köbler. Die DSTG begrüßt insbesondere die empfohlenen Maßnahmen zur Digitalisierung des Abschlussberichts der Expertenkommission “Bürgernahe Einkommensteuer”.

Ich hätte mir allerdings noch mehr Vereinfachungen gewünscht, etwa eine stärkere Anhebung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags oder die Einführung von Gruppenabschreibungen. Doch leider waren die Widerstände einzelner Beteiligter zu groß. Es bleibt noch viel zu tun, um das deutsche Steuersystem wirklich bürgerfreundlich zu gestalten!„, so Köbler.

Der Abschlussbericht “Bürgernahe Einkommensteuer” steht auf der Webseite des Bundesministeriums der Finanzen zum Download Verfügung.


Pressekontakt:
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